Astrid Peters (rechts) und Ingrid Kersting vom Sozialdienst katholischer Frauen in Gütersloh freuen sich, dass das Angebot einer Sprechstunde speziell für die Kinder von Alleinerziehenden intensiv genutzt wird. (Foto: cpd/SkF Gütersloh)

Sprachrohr für die Kinder

Armutsrisiko alleinerziehend: Flankierende Hilfen sind wichtig. Zum Beispiel eine Sprechstunde speziell für Kinder von Alleinerziehenden

Paderborn/Gütersloh, 30.10.19 (cpd) - In den Wochen zwischen dem Internationalen Tag für die Beseitigung von Armut (17. Oktober) und dem katholischen Welttag der Armen (17. November) lenkt die Caritas den Blick auf eine gesellschaftliche Gruppe, die hierzulande ein extrem hohes Armutsrisiko trägt: alleinerziehende Frauen und Männer. Fast jede zweite alleinerziehende Person ist armutsgefährdet. „Passgenaue Hilfen“, fordert daher der Sozialdienst katholischer Frauen im Erzbistum Paderborn. Dazu gehören vor allem Angebote, um Beruf und Erziehung miteinander zu vereinbaren, aber auch Hilfen für die betroffenen Kinder.

Ein Beispiel aus Gütersloh: Es sind die Kinder, die besonders unter der Trennung von Mutter und Vater leiden. Nur für sie bietet der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Gütersloh eine eigene Sprechstunde an. Seit April 2019 können sich Kinder und Jugendliche der Diplom-Sozialarbeiterin und Kinder- und Jugendtherapeutin Ingrid Kersting anvertrauen. Damit biete der SkF laut Geschäftsführerin Astrid Peters ein im Bereich Gütersloh einzigartiges Angebot. Gefördert wird es aus Mitteln des diözesanen Fonds für armutsorientierte Dienste der Caritas.

Körperliche Schmerzen, wie etwa Bauch- und Kopfschmerzen, seien zumeist nur ein äußerliches Anzeichen dafür, wie es in der Seele von Kindern und Jugendlichen nach der Trennung der Eltern wirklich aussieht, weiß Ingrid Kersting. Viele seien hin- und hergerissen zwischen Gefühlen wie Liebe und Wut. Ein Beispiel ist Marie (Name geändert). „Ich möchte so gerne meinen Papa sehen, ich habe ihn doch immer noch lieb“, sagte sie zu Beginn der Gespräche mit Ingrid Kersting. „Trotzdem bin ich wütend auf ihn, weil wir das Haus verkaufen müssen und weil wir jetzt nicht mehr so viel Geld haben und Mama arbeiten muss.“ Marie war aus der Bahn geworfen, weinte jeden Morgen vor dem Schulbesuch, der dann oft abgesagt werden musste.

Ingrid Kersting konnte ihr vermitteln, dass beides in Ordnung sei: wütend auf den Vater zu sein, ihn aber auch liebhaben zu dürfen. Mehrere Gespräche waren notwendig, bis Marie diese widersprüchlichen Gefühle akzeptierte. Marie konnte wieder zur Schule gehen, die Bauch- und Kopfschmerzen ließen nach. Inzwischen spricht sie viel mit ihrem Vater. „Frau Kersting fungiert als Sprachrohr für die Kinder“, beschreibt SkF-Geschäftsführerin Astrid Peters eine wichtige Funktion ihrer Kollegin. Durch die Gespräche würden sich die Kinder und Jugendlichen trauen, ihre Gefühle zu äußern. Wo das noch nicht gelingt, hilft Ingrid Kersting, indem sie Kontakt zur Mutter bzw. zum Vater aufnimmt.

 Das Angebot der Kinder- und Jugendsprechstunde hat sich herumgesprochen: „Uns war bewusst, dass dieses Angebot nötig und wichtig ist, aber dass die Menschen uns ´die Tür einrennen` und auch so schnell, das haben wir nicht gedacht“, so Peters. Am ersten Arbeitstag von Ingrid Kersting kam auch schon das erste Kind in die Sprechstunde. Die Bezeichnung „Sprechstunde“ sei bewusst gewählt, so Kersting: „Wir merken dadurch ganz deutlich, dass die Hemmschwelle viel niedriger ist.“